Genau wie Museumssammlungen sind Sprichworte und Redewendungen Brücken in die Vergangenheit. Ihre Entstehung ist häufig mit bäuerlichen, hauswirtschaftlichen oder handwerklichen Tätigkeiten und Gebräuchen verbunden. Beim Betrachten vieler unserer Museumsobjekte lassen sich daher Herkunft und Sinn unserer Sprichworte gut ergründen. Dieser interessante Aspekt hat uns dazu veranlasst, regelmäßig ein Sprichwort und seinen Ursprung vorzustellen.
Das Sprichwort des Monats März 2025:
„Eine lange Leitung haben“
Diese Redewendung ist vergleichsweise jüngeren Datums und mit der Erfindung der Telefonie verbunden. In der Frühzeit des Telefons nahm mit der Länge der Leitungen die Störanfälligkeit zu, so dass die übertragenen Gespräche oft schwer verständlich waren. Durch schrittweise technische Neuerungen wurde es immer besser möglich, auch mit weit entfernten Orten zu telefonieren. Auch verschwanden die oberirdisch verlegten Telefonleitungen und ein stabileres unterirdisches Netz wurde verlegt.
Sicherlich kann man sich auf dem Land aber noch gut daran erinnern, wie sich die Schwalben im Herbst auf den Telefondrähten versammelten. Gerne schauten die Schulkinder auf dem Nachhauseweg den Mitarbeitern der Post zu, wenn diese für Wartung und Reparatur flink die Telefonmasten hinaufkletterten. Und die Erwachsenen schätzten die neue Möglichkeit, dass sie mittels des Telefons im Notfall schnell Hilfe herbeiholen konnten.
Heute telefonieren und chatten wir wie selbstverständlich über kurze bis hin zu weltweiten Entfernungen. Die Redewendung von der „langen Leitung“ hat sich vom ursprünglichen technischen Kontext gelöst und eine allgemeinere Bedeutung angenommen. Wer eine lange Leitung hat, der ist langsam im Verstehen einer Mitteilung. Deshalb erntet er Spott oder ungeduldige Reaktionen. Doch darf man es gelassen nehmen – es ist menschlich, dass das Denken auch mal Umwege macht.

Übrigens: wie und wann das Telefon nach Hoisdorf kam, zeigt aktuell eine Ausstellung im Dorfmuseum.