Genau wie Museumsobjekte sind Sprichworte und Redewendungen Brücken in die Vergangenheit. Ihre Entstehung ist in vielen Fällen mit bäuerlichen, hauswirtschaftlichen oder handwerklichen Tätigkeiten und Gebräuchen verbunden. Beim Betrachten vieler unserer Museumsobjekte lassen sich daher Herkunft und Sinn unserer Sprichworte gut ergründen. Uns hat dieser interessante Aspekt dazu veranlasst, an dieser Stelle regelmäßig ein Sprichwort und seinen Ursprung vorzustellen.
Das Sprichwort des Monats November 2023:
„Einen Zahn zulegen“
Bei diesem Sprichwort, das übersetzt heißt: „Beeil Dich, mach mal schneller!“ müssen wir unser Haupt mit Asche bestreuen und zugeben, dass die bisher im Museum gegebene Erklärung seiner Herkunft nicht hieb- und stichfest ist. Immer haben wir erklärt, dass der hungrige Bauer bei seiner Rückkehr von der Feldarbeit seiner Frau zurief: „Leg mal einen Zahn zu.“ Worauf Sie den am Kesselhaken hängenden Suppentopf mehrere Zähne nach unten über das Feuer hängte, damit die Suppe schneller heiß würde. Eine schöne und logische Erklärung, die aber leider fasch ist.
Die Redewendung stammt aus dem 19. Jahrhundert, als überall Fabriken entstanden und Lokomotiven fuhren. Für beide waren Zahnräder sehr wichtig und die Menschen hatten die Vorstellung, dass das Arbeitstempo von Maschinen durch Zulegen eines Zahnes erhöht werden konnte. Eine große Rolle spielte der Hebel für den Dampfdruck in den Lokomotiven. Er rastete in einen Halbzahnkranz im Boden ein. Ein Zahn führte zu mehr Dampf und damit zu mehr Tempo. Der Befehl „Leg mal einen Zahn zu!“ war also auf dem Führerstand von Lokomotiven und wahrscheinlich auch beim Betrieb anderer Maschinen gebräuchlich.